Patanjalis 8 Disziplinen des Yoga

Wenn wir täglich auch nur ein ganz klein wenig mehr lernen, den Sinn des Lebens zu verstehen, haben wir uns bereits auf den Weg gemacht. 





Patanjali: Ashtanga - Der achtgliedrige Pfad des Yoga


Die acht Stufen nach Maharishi Patanjali (geschätzte Lebenszeit irgendwann im Zeitraum zwischen ca. 200 v. Chr. bis ca 400 Jahre n. Chr.) sind eine oft zitierte und gut verständliche Einteilung der Methoden des Yoga. Als Yogi gilt es, sein eigenes Leben an diesen acht Aspekten zu orientieren. Da Yoga seit mehreren Jahrtausenden besteht und jeder Zeitgeist, jede Richtung, Religion bzw. Philosophie in ihm ihre Spuren hinterlassen hat, ist Yoga eine oft unterschiedlich interpretierte Sammlung verschiedener, überlieferter Vorstellungen und Methoden. Je nachdem, welche Schwerpunkte man sich selber setzt und in welcher Lebensphase man sich gerade befindet, können den acht Stufen nach Patanjali entsprechend unterschiedliche Schwerpunkte zugeordnet werden.

Die acht Aspekte, die auf uralten universalen Gesetzen basieren, sind lediglich Empfehlungen, keine Zwänge oder starren Regeln. Am Ende soll das Beste für einen selbst und die Umwelt herauskommen. Dieser Weg ist eine Abbildung des Geheimnisses des Lebens und bietet den Leitfaden dazu. Er stellt eine Art Hilfsprogramm zur Überwindung der Hindernisse (Kleshas) dar, die den Geist immer wieder aus der Ruhe bringen und damit letztendlich zu Leid führen. 

Jedes der acht Glieder besteht aus einer Reihe konkreter, praktischer und auch heute noch sehr lebensnaher Vorgehens- und Verhaltensweisen. Sie bedingen einander, bauen aufeinander auf, ergänzen sich und bilden eine Einheit.

Die ersten fünf Glieder (Yama, Niyama, Asana, Pranayama, Pratayahara) werden als Kriya-Yoga (praktischer Yoga) bezeichnet und die letzten drei (Dharana, Dhyana, Samadhi) als Raya-Yoga (königlicher Yoga).



Der achtgliedrige Pfad im Überblick

1. Yamas – der Umgang mit der Umwelt
2. Niyamas – (Selbstdisziplin) - Die Gebote des Selbst

3. Asanas – die Haltung des Körpers
4. Pranayama – die Lenkung des Atems
5. Pratayahara – der Umgang mit den Sinnen



6 – 8. Samyama – Geistesschulung
 

6. Dharana – Konzentration
7. Dhyana – wahre Meditation
8. Samadhi – das Höchste: die innere Freiheit, Erleuchtung



1. Yama


Yama umfasst Regeln über das Verhalten anderen gegenüber. Wer sich selbst beherrscht, vermag dem Leben die richtige Richtung zu geben. Er nimmt dann sein Schicksal selbst in die Hand, verändert die Umstände und gestaltet sein Leben nach seinen Idealen.

Es gibt 5 Unterpunkte

Ahimsa: bedeutet Abwesenheit von Aggression, Ungerechtigkeit und Grausamkeit - also Gewaltlosigkeit. Es ist der gut durchdachte Umgang mit allen Lebewesen – sowohl in Gedanken, Worten und Taten praktiziert. Yogarichtungen warnt vor Lästereien, Mobbing und auch vor Selbstsabotage und schlagen den  Schülern eine vegetarische Lebensweise vor. 

Satya: hier geht es um die Themen Ehrlichkeit, Aufrichtigkeit, Treue und Loyalität - den richtigen Umgang mit Worten. Satya bedeutet wahrhaftig sein, die Wahrheit zu sprechen, sogenannte Notlügen zu vermeiden, aber auch, im richtigen Moment den Mund zu halten, um nicht zu verletzen. Ehrlichkeit bedeutet auch, sich selbst nicht zu belügen und Fehler einzugestehen.

Asteya: nichts nehmen oder stehlen, was einem nicht gehört. Es betrifft Neid, Habgier und auch den Raubbau an der Natur. Ein Yogi respektiert den Besitz anderer ohne Verlangen. Damit sind Gegenstände, wie auch geistige Dinge gemeint, wie etwa geistiges Eigentum oder Dinge, die im Vertrauen ausgesprochen werden.

Brahmacharya: Diese Regel wird auch als Enthaltsamkeit interpretiert, z. B. von Suchtmitteln oder Sex. So gesehen ist Brahmacharya spirituelles Streben nach Reinheit in Gedanken, Wort und in Tat.

Aparigraha:  Es könnte mit "ergreife die Gelegenheit nicht" übersetzt werden. Ein Yogi übt sich in Genügsamkeit und nutzt andere Menschen nicht aus. Er sammelt keine Reichtümer an, sondern konzentriert sich auf das Wesentliche und lässt die Dinge kommen und gehen, so wie es dem Wohle aller dient. Heute würde wohl auch das Ächten von Bestechung, Korruption bzw. Vorteilsnahme dazugehören.



2. Niyama


Niyama gehört wie Yama zu den geistigen Regeln. Es geht um die Auseinandersetzung mit sich selbst geht: Selbstreflektion.

Shauca: Sauberkeit, Reinheit. Der Körper und der Geist müssen geschützt, rein gehalten und gepflegt werden. Achtet man auf äußere und innere Hygiene, die richtige Nahrung, gutes Wasser und die nötige Bewegung so bleiben sie elastisch und jung.

Samtosha: Genügsamkeit, Bescheidenheit, Zufriedenheit mit dem, was wir haben. Zufriedenheit heißt nicht Entsagung oder Verzicht, sondern die Welt zu erkennen und zu lieben, wie sie ist. Zufriedenheit ist ein positiver Geisteszustand, Entsagung ein negativer. Unzufriedenheit entsteht dann wenn man sich auf das konzentriert, was nicht ist.

Tapas: die „innere Glut“ schüren. Mit Hilfe der Praxis von Asanas und Pranayama trainiert und erhitzten der Körper und gibt Unreinheiten über die Ausscheidung, Haut und Atmung ab. Dadurch kann auch geistige Klarheit gewonnen werden. Innere Glut ist jedoch auch ein spirituelles Bild des Strebens nach Erleuchtung.

Svadhaya: Selbsterforschung, Selbstreflexion. So ist man Lehrender und Lernender in einer Rolle.

Ishvara-Pranidhana: "Hingabe" . Es ist die Hingabe an Gott oder die Schöpfung oder an eine Idee.  Es geht darum, sich mit ganzem Herzen einer Sache hinzugeben, alle anderen Dinge und Geschehnisse loszulassen. Gerade bei der Praxis der Asanas ist das Loslassen von Alltagsgedanken möglich und  sich nur auf den gegenwärtigen Moment zu konzentrieren.



3. Asana


Die dritte Disziplin ist die Praxis der Körperübungen als Vorbereitung zur „richtigen Hinsetzung“ im Meditationssitz, der die Voraussetzung für die folgenden Stufen ist, die sitzend ausgeführt werden. Asanas sind das, was heute allgemein in der westlichen Welt als Yoga verstanden wird.

Es gibt über 800 Yoga-Haltungen, da sämtliche Bereiche des Körpers trainiert werden sollen. Die Asanas dehnen und kräftigen den Körper, verleihen ihm  Vitalität und erhöhen die Lebensenergien. Zusätzlich wirken sie auch entspannend und fördern die Entwicklung der Persönlichkeit. Asanas sind leicht und fest: Die Position soll trotz Festigkeit und Leichtigkeit genossen und mit Achtsamkeit betrachtet werden, Körper, Atem und Geist im Einklang. Wird der Atem unruhig, schmerzt der Körper oder schweifen die Gedanken ab, ist es kein richtiges Asana mehr. Mit einer Asana soll man sich wohlfühlen und keinen Schmerz empfinden.



4. Pranayama


Die Kunst der Lenkung des Atems ist die vierte Disziplin, die ein hohes Maß an Körperbeherrschung voraussetzt.  Prana ist die universelle Lebenskraft, die Urquelle aller Energieformen. Yoga lehrt, dass der Geist den Atem beeinflusst und umgekehrt. Wenn wir etwa unseren Atem zur Ruhe bringen und beobachten, beruhigen wir damit auch unseren Geist. 

Zielsetzung ist, möglichst viel Lebensenergie in den Körper zu leiten, um den Geist vom Irdischen zu lösen. Pranayama war lange Jahrhunderte eine geheime Lehre.




5. Pratayahara


Beherrschung der Sinneswahrnehmung. Im Pratayahara wird die Verbindung des Geistes und der Sinne getrennt. Die Sinne ziehen sich von den Objekten zurück. Der Geist wird nicht mehr von äußeren Einflüssen aktiviert. Die Sinne ruhen – sie richten sich auf das Innere, die nach Innenlenkung jeglicher Aufmerksamkeit.


6. Dharana


Ist eine Vorstufe zur wahren, gedankenfreien Meditation. Dharana, ist die Konzentration, die Ausrichtung auf einen Punkt, eine Richtung. Eine bestimmte Aktivität unseres Geistes wird so verstärkt, dass langsam die anderen Aktivitäten des Geistes verschwinden. In Dharana richten wir unsere Konzentration nur auf eine Sache aus, auf ein Meditationsobjekt oder einen Gedanken.



7. Dhyana


Die siebte Stufe lehrt, das Denken gänzlich zum Erliegen zu bringen. Dhyana ist die Disziplin der wahren Meditation. Hier wird Versenkung geübt. In diesem Zustand offenbaren sich höhere Dimensionen und der Yogi erhält Einblicke ins Absolute. Im Zustand des Dhyana lösen sich alle Formen auf. Die Aktivitäten des Geistes kommen gänzlich zur Ruhe.



8. Samadhi


Das ist die höchste Stufe: Samadhi ist der Zustand absoluter Glückseligkeit – das höchste Ziel eines Leben im Yoga. Samadhi ist das reine Bewusstsein, die Einheitserfahrung, die Erkenntnis des Allwissens. In Samadhi verschmilzt der Geist vollständig mit dem Gegenstand der Meditation. Die individuelle Persönlichkeit verschwindet. Alles ist eins auf dieser Bewußtseinsebene.